Elfenbeinplatten (Spolien) - BSB Clm 22021#Einband, Vorderdeckel

Aus Prachteinbände
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Übersicht
Signatur Clm 22021#Einband
Maße 130 mm x 90 mm; 37 mm x 35–37 mm
Datierung Ende des 10. Jh.
Ort Südosteuropa: Konstantinopel
Objekttyp Elfenbeinschnitzerei
Katalogisierungsebene Component
Klassifizierung Kategorie:Schnitzkunst
Kategorie Westliche Prachteinbände

Beschreibung: Bayerische Staatsbibliothek, Caroline Smout, 2017


Die 7 Relieftafeln bildeten ursprünglich Teile eines Triptychons und werden als Spolie zur Dekoration des Vorderdeckels von Clm 22021#Einband verwendet.

Informationen zum Trägerband

Überliefert mit: Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 22021 : Evangeliar, Deutschland, Benediktbeuern, um 820–840 Evangeliar, Deutschland, Passau (wahrscheinlich St. Nikola), um oder kurz nach Mitte des 12. Jahrhunderts


Entstehung

Nikephoros-Gruppe, Ende des 10. Jh. Südosteuropa: Konstantinopel


Maße

Mittelfeld:

130 mm x 90 mm


Rahmen:

alle Täfelchen 37 mm x 35–37 mm


Beschreibung des Äußeren

Vorderdeckel:

Mittelfeld:

Die Elfenbeintafel ist mit vier Nägeln auf dem Buchdeckel befestigt. Sie zeigt eine Figur, die im Flachrelief aus der Elfenbeintafel herausgeschnitzt ist. Die rahmende Architektur, die aus zwei Halbsäulchen besteht, die einen Baldachin tragen, tritt plastisch hervor.


Rahmen:

Die Elfenbeintäfelchen sind mit zwei oder drei Nägeln auf dem Buchdeckel befestigt. Sie sind im Flachrelief modelliert und zeigen jeweils eine Figur.


Zustandsberichte

Vorderdeckel:

Mittelfeld:

Bei der Elfenbeintafel des Mittelfeldes ist der Rahmen an den Seiten sowie an den Außenkanten oben und unten abgeschnitten. Zudem finden sich Ausbrüche in der unteren Rahmenleiste und darüber im Baldachin.


Rahmen:

Die Elfenbeintäfelchen sind allseitig beschnitten.


Ikonographie

Vorderdeckel:

Mittelfeld:

Die Elfenbeintafel (ursprünglich die Mitteltafel des Triptychons) zeigt Christus Pantokrator (Abb. 1): Die Halbfigur erscheint in frontaler Ansicht, das Haupt ist von einem breiten, verzierten Kreuz hinterfangen, das somit anstelle eines Nimbus erscheint. Während er seine rechte zum Segensgestus erhoben hat, hält er im linken Arm ein geschlossenes Buch; die linke Hand ist durch das Obergewand eingehüllt. Gerahmt wird die Figur von schmalen Säulchen, auf denen ein Baldachin ruht.


Rahmen:

Die geschnitzten Figuren auf den Elfenbeintäfelchen (ursprünglich Teile der Seitenflügel des Triptychons) sind als Bruststücke modelliert. In der linken Rahmenleiste sind oben ein Engel (Abb. 2), mittig Maria (Abb. 3) und unten der Apostel Paulus (Abb. 4) dargestellt; in der rechten Leiste der Apostel Petrus (Abb. 5), ein Engel (Abb. 6) und Johannes der Täufer (Abb. 7). Die Anordnung der Täfelchen entspricht nicht dem originalen Zustand, in dem die Muttergottes und Johannes der Täufer die mittlere Position einnahmen, während oben die beiden Engel und unten die Apostel Petrus und Paulus platziert waren. Indem Maria und Johannes der Täufer einen Gestus des Fürbittens zeigen, erscheint der Christus im Mittelfeld nicht nur als Pantokrator, sondern auch als zentrale Figur der Deesis.



Stil und Einordnung

Vorderdeckel:

Mittelfeld und Rahmen:

Die sieben Elfenbeintafeln sind in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts in Konstantinopel entstanden und gelten als eines der Hauptwerke der Nikephoros-Gruppe. Allerdings weichen die Tafeln in ihrer stilistischen Ausarbeitung von den anderen Werken der Gruppe ab (Rom und Byzanz (1998), Nr. 52 (R. Kahsnitz)). Während „klar gegen den Grund abgesetzte Konturen und weiche Modellierung“ (Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), Nr. 74, 167) zu den Merkmalen der Nikephoros-Gruppe gehören, sind die einzelnen Formen des Gesichtes wie des Gewandes mit den tief eingeschnittenen Falten groß und kräftig. So kommt Kahsnitz zu dem Schluss: „Der Schnitzer strebte nicht nach den Werten des Feinen, Zierlichen und Virtuosen, sondern nach großen und klaren Formen von eindeutiger Wirkung“ (Rom und Byzanz (1998), Nr. 52 (R. Kahsnitz)). Goldschmidt und Weitzmann (Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen, Bd. 2 (1934), Nr. 91–93, Nr. 92), führen drei weitere Täfelchen mit einer verwandten Pantokrator-Gestalt auf, die jedoch aufgrund der weicheren Modellierung des Gesichtes von anderer Hand stammen dürfte.


Literaturhinweise

Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen, Bd. 2 (1934), Nr. 91–93.

Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), Nr. 74.

Rom und Byzanz (1998), Nr. 52 (R. Kahsnitz).