Silbereinband zum Gebetbuch Maximilians I. von Bayern - BSB Clm 23640#Einband
Übersicht | |
Signatur | Clm 23640#Einband |
Maße | 143 mm x 95 mm x 287 mm |
Datierung | 1574 |
Ort | Franken, Nürnberg |
Objekttyp | Silbereinband |
Katalogisierungsebene | Gesamtaufnahme (item) |
Klassifizierung | Kategorie:Goldschmiedekunst |
Kategorie | Westliche Prachteinbände |
Kurzaufnahme zum Einband im BSB-Katalog mit weiterführenden Informationen |
Kurzaufnahme der Handschrift mit weiterführenden Informationen |
Forschungsdokumentation der BSB |
Handschriftendigitalisat |
Einbanddigitalisat |
Beschreibung: Bayerische Staatsbibliothek, Caroline Smout 2018, Kurzerfassung
Dieser Silbereinband, der auf das Jahr 1574 datiert ist, wurde von Hans Lencker Lencker (1523–1585) geschaffen, einem der beiden bedeutendsten Goldschmiede der Stadt Nürnberg. Die Besonderheit des Einbandes besteht darin, dass die beiden massiven Silberplatten des Vorder- und Rückdeckels in Tiefschnittemail gearbeitet ist. Hans Lencker gehörte zu den ersten Nürnberger Goldschmieden, die diese Technik, die kurz vor 1300 in Italien entstanden war, anwandte.
Informationen zum Trägerband
Überliefert mit: Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 23640 : Gebetbuch, Deutschland, Anfang und 1. Viertel 17. Jahrhundert
Entstehung
Hans Lencker, Goldschmied, 1574 (signiert und datiert). Mitteleuropa: Franken, Nürnberg.
Komponenten
Vorderdeckel:
1 Silberplatte
4 vergoldete Silberbuckel
Emails
Rückdeckel:
Wie Vorderdeckel
Rücken:
10 Scharnierteile
Schließen:
2 vergoldete Hakenschließen
Rücken:
Vergoldetes Silber
Maße
Gesamt:
143 mm x 95 mm x 287 mm
Vorderdeckel:
150 mm x 94 mm 2 mm
Rückdeckel:
150 mm x 96 mm 2 mm
Rücken:
149 mm x 31 mm
Material und Technik
Vorderdeckel:
Silbereinband mit Tiefschnittemail.
Rückdeckel:
Silbereinband mit Tiefschnittemail
Rücken:
Vergoldetes Silberblech in Treibtechnik ausgearbeitet.
Beschreibung des Äußeren
Vorder- und Rückdeckel:
Der Deckel ist überzogen mit bunten Emaileinlagen in figürlicher wie ornamentaler Form. In den Ecken ist jeweils ein vergoldeter Silberbuckel angebracht.
Innenseiten:
Wie die Außenseiten der Deckel sind die Innenseiten mit bunten Emaileinlagen, die sich über die gesamte Fläche erstrecken, geschmückt (Abb. 1). Am unteren Rand natürliche Szene mit Baumstumpf und Wasser, wo sich verschiedene Tiere tummeln. Aus dem Baumstumpf geht eine vegetabile Ornamentik in Form von Blattranken mit Blüten und Früchten hervor, die von Vögeln und Insekten bevölkert werden. Sowohl die Pflanzen als auch die Tiere bestechen durch ihre naturalistische Darstellung (Abb. 2)
Rücken:
Zwei hochrechteckige Felder, die von Streifen aus geometrischen Formen gerahmt werden. In den beiden Feldern jeweils eine Kartusche, in deren Zentrum eine Figur steht (Abb. 3).
Schließen:
2 Hakenverschlüsse mit Rinnenlager an der Vorderkante des Vorderdeckels als Ganzmetallschließe (Abb. 4) (Adler, Handbuch Buchverschluss (2010), BV.3.1.2).
Inschriften/herstellungsbezogene Marken und Zeichen
Auf den Innenseiten beider Deckel am unteren Rand die Insignien "HL" für Hans Lencker nebst einem N" für Nürnberg (Abb. 5 und 6).
Überarbeitungsstadien
Vorderdeckel:
Die obere Schließe nach 1917 ergänzt
Zustandsberichte
Vorderdeckel:
An mehreren Stellen ist das Email abgeplatzt: bei der Figur links oben die Schulter- und Beinpartie sowie am Buch; bei der Figur rechts oben am Oberkörper und Schoß; bei der Figur links unten ist außer der Kopfbedeckung und dem Gewand am Hals alles verloren gegangen, bei der Figur rechts unten ist nur nun das Email an den oberen Armpartien und an der Schreibtafel erhalten. Im Bildfeld im Zentrum ist die Krone des linken Baums beschädigt sowie der Oberkörper der rechten Figur. Auf der Innenseite des Vorderdeckels ist das Email links unten auf dem Wasser und am Baumstamm abgesprungen.
Rückdeckel:
Auch hier ist das Email an mehreren Stellen nicht erhalten: bei der Figur links oben am Oberkörper und Schoß, bei der Figur rechts oben an der Brustpartie und dem unteren Teil des Gewandes. Bei der Figur links unten ist der untere Teil des Gewandes fast komplett verloren, bei der Figur recht unten fast die gesamte Emailfassung. Auch die Darstellung im Zentrum ist stark beschädigt. Auf der Innenseite ist das Email am Baumstamm abgesprungen.
Schließen:
Obere Schließe gelötet.
Ikonographie
Vorderdeckel:
Im zentral platzierten Medaillon die Erschaffung Evas im Paradies, das als Waldlandschaft vor einem Gebirge mit zahlreichen verschiedenen Tieren gestaltet ist (Abb. 7). Unter den ansonsten heimischen Tieren stechen insbesondere ein Elefant und ein Einhorn hervor. Zuweilen wirkt die Gestaltung der Tiere, wie bei den Hasen und der Schnecke, fast drolerienartig. Über der Landschaftsdarstellung Sonne und Mond im Firmament. Zuseiten des Medaillons die vier Evangelisten mit ihren Symbolen: Links oben Matthäus mit der Menschenfigur (Abb. 8), rechts oben Markus mit dem Löwen (Abb. 9), rechts unten Johannes mit dem Adler (Abb. 10) und links unten Lukas mit dem Stier (Abb. 11).
Rückdeckel:
Im zentral platzierten Medaillon das Jüngste Gericht (Abb. 12), zuseiten des Medaillons vier Tugenden: links oben Fides (Abb. 13), rechts oben Caritas (Abb. 14), rechts unten Patientia (Abb. 15) sowie links unten Spes (Abb. 16).
Rücken:
In Rollwerkkartuschen die personifizierten Tugenden Temperantia (Abb. 17) und Fortitudo (Abb. 18).
Stil und Einordnung
„Hans Lencker (Nürnberg, 1523–1585) war neben Wenzel Jamnitzer der bedeutendste Goldschmied der Stadt Nürnberg, die im 16. Jahrhundert im Bereich der deutschen Goldschmiedekunst die Hauptrolle spielte. […] In seinen Werken hat sich Lencker als einer der ersten Nürnberger Goldschmiede des Tiefschnittemails bedient, einer Technik, die in Oberitalien kurz vor 1300 entstanden war […]. Neben diesem Einband und der Schreibkassette der Schatzkammer der Münchner Residenz (Inv.-Nr. Res. Mü. Schk. 579-583) befinden sich auch noch in Rom (Santa Cecilia in Trastevere) zwei Buchdeckel von Lencker, die jetzt als Türchen eines Tabernakels verwendet werden. Sie sind um 1580–1585 zu datieren, mit Tiefschnittemail versehen und stellen eine Art Gegenstück zum Münchner Silbereinband dar.“ (Prachteinbände 870–1685 (2001), Nr. 18 (B. Hernad)).
Provenienz
1598 in einem Inventar der Wittelsbacher Kunstkammer genannt, 1785 in die Münchner Hofbibliothek gelangt.
Literaturhinweise
Außen-Ansichten (2006), Nr. 46 (B. Hernad).
Bayerns Kirche im Mittelalter (1960), Nr. 293.
Bachtler, Nürnberger Goldschmiedefamilie Lencker (1978), 80f.
Geldner, Bucheinbände (1957), 32.
Kaltwasser, Bibliothek als Museum (1999), 36, 40, 42.
Prachteinbände 870–1685 (2001), Nr. 18 (B. Hernad).
Seelig, Der silberne Prunkeinband, (1986).
Seelig, Einband des Medici Gebetbuchs (1991), 135ff.
Thesaurus librorum (1983), Nr. 69 (E. Klemm).