Goldschmiedeeinband zu: Evangelie - BSB Rar. 2345#Einband
Übersicht | |
Signatur | Rar. 2345#Einband |
Maße | 416 mm x 294 mm x 104 mm |
Datierung | 1644/1649 |
Ort | Osteuropa: Kiew? |
Objekttyp | Goldschmiedeeinband |
Katalogisierungsebene | Gesamtaufnahme (item) |
Klassifizierung | Kategorie:Goldschmiedekunst |
Kategorie | Kategorie:Westliche_Prachteinbände |
Kurzaufnahme zum Einband im BSB-Katalog mit weiterführenden Informationen |
Kurzaufnahme der Handschrift mit weiterführenden Informationen |
Forschungsdokumentation der BSB |
Einbanddigitalisat |
Beschreibung: Caroline Smout. Bayerische Staatsbibliothek, 2018 (Kurzerfassung).
Dieser osteuropäische Goldschmiedeeinband, der um 1644 oder 1649 für die Christi-Himmelfahrts-Kirche im Petschersker Frauenkloster [Kiewer Höhlenkloster] entstand, ist durch einen reichen Besatz an figürlichen Darstellungen wie ornamentalen Elementen gekennzeichnet. Das Bildprogramm lässt sich in Zusammenhang mit dem Inhalt des Trägerbandes setzen.
Informationen zum Trägerband
Überliefert mit: Druckschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 2345 , Evangelie (Theophylakt, Kommentar zu den Evangelien), Moskau, 1644
Entstehung
Unbekannter Künstler, Goldschmied, 1644 oder 1649. Die Jahreszahl unter der Kartusche am unteren Rand des Rückdeckels lässt sich aufgrund des letzten unklaren Zeichens nicht eindeutig bestimmen. Osteuropa: Kiew?
Komponenten
Vorderdeckel:
Samtbezug
1 Platte Silberblech
1 zentraler Beschlag aus getriebenem vergoldetem Silberblech
4 Medaillons aus getriebenem vergoldetem Silberblech
9 gegossene Figuren aus vergoldetem Silberblech
10 Ornamente aus vergoldetem Silberblech
4 schmale Rahmenleisten aus Silberblech
4 breite Rahmenleisten aus vergoldetem Silberblech
2 ornamentale Elemente aus Silber
2 gegossene Köpfe aus Silber
2 Blüten aus Silber
Rückdeckel:
Samtbezug
1 Platte Silberblech
1 zentraler Beschlag aus getriebenem vergoldetem Silberblech
4 Buckel aus getriebenem vergoldetem Silberblech mit Rankenwerk aus Silber
2 Kartuschen aus getriebenem vergoldetem Silberblech
8 Ornamente aus vergoldetem Silber
4 Ornamente aus Silber
4 gegossene Engelsköpfe aus vergoldetem Silberblech
8 gegossene Köpfe aus Silberblech
1 Gewindedraht
4 breite Rahmenleisten aus vergoldetem Silberblech
2 ornamentale Elemente aus Silber
1 gegossener Kopf aus Silber
Rücken:
Samtbezug
1 Platte Silberblech
4 Ornamente aus vergoldetem Silberblech
28 Scharnierteile
Schließen:
2 Ösenschließen
Maße
Gesamt:
416 mm x 294 mm x 104 mm
Vorderdeckel:
416 mm x 271 mm x 10 mm
Rückdeckel:
416 mm x 271 mm x 10 mm
Rücken:
419 mm x 85 mm
Material und Technik
Vorderdeckel:
Auf einen Holzdeckel mit rotem Samtbezug ist eine bemalte Silberplatte mit getriebenen Beschlägen aus feuervergoldetem Silberblech aufgebracht, auf denen wiederum gegossene Figuren und Schmuckelemente aus feuervergoldetem Silberblech appliziert sind. Mit Nägeln befestigte Ornamente aus feuervergoldetem und reinem Silberblech sind als Durchbruchsarbeit gestaltet. Die ornamentalen Elemente, die am Übergang von der schmalen Rahmenleiste und Silberplatte angebracht sind – Köpfe, Blüten und stilisiertes Blattwerk aus Silber –, dienen deren Befestigung. Die dunkelrote Bemalung der Silberplatte enthält das Element Eisen, so dass es sich möglicherweise um ein Eisenoxidpigment oder eine rote Erde handelt. (Ich danke Thorsten Allscher vom IBR für seine Analysen zur Materialität.)
Rückdeckel:
Auf einen Holzdeckel mit rotem Samtbezug ist eine bemalte Silberplatte mit getriebenen und partiell gravierten Beschlägen aus feuervergoldetem Silberblech aufgebracht, auf denen wiederum Schmuckelemente aus Silberblech appliziert sind. Mit Nägeln befestigte Ornamente aus feuervergoldetem und reinem Silberblech sind als Durchbruchsarbeit gestaltet. Die dunkelrote Bemalung der Silberplatte enthält das Element Eisen, so dass es sich möglicherweise um ein Eisenoxidpigment oder eine rote Erde handelt.
Rücken:
Silberplatte mit Ornamenten aus vergoldetem Silberblech über rotem Samtbezug
Beschreibung des Äußeren
Vorderdeckel:
Im Zentrum ist ein großformatiger, triptychonartiger Beschlag mit einer zentralen Figurengruppe platziert, die links und rechts – gleichsam auf den Seitenflügeln – von jeweils einer Figur flankiert wird (Abb. 1). Oben und unten schließen sich an das Mittelfeld jeweils drei ovale Felder an, deren ornamentale Verzierung aus Engelsköpfen besteht, die zum einen von Voluten flankiert und zum anderen mit Bandwerk verwoben sind (Abb. 2). Oberhalb und unterhalb davon befindet sich in den Ecken jeweils ein Medaillon mit figürlicher Darstellung (Abb. s. unten). Der Raum zwischen den Medaillons ist mit ornamentalen Elementen aus vergoldetem Silberblech gefüllt. Sie sind als Durchbruchsarbeit in Form von Blüten und Rankenwerk gestaltet und jeweils mit einer Rosette aus Silber versehen (Abb. 3). Mit Blüten- und Blattwerk ist zudem die Bodenplatte aus Silber verziert, aufgetragen mit dunkelroter Farbe.
Rückdeckel:
Im Zentrum ist ein großformatiger, oktogonaler Beschlag mit einer gravierten figürlichen Szene platziert (Abb. 4). In den Ecken auf der Innenseite sind kleine gegossene Köpfe aus Silber angebracht, die einem umlaufenden Gewindedraht an der Innenkante des Oktogons vorgelagert sind. Umfangen wird das Oktogon von einem Kranz aus Rankenwerk, der aus durchbrochen gearbeitetem vergoldetem Silberblech besteht. In den Ecken sind getriebene Buckel aus vergoldetem Silberblech montiert, die mit durchbrochen gearbeitetem Rankenwerk aus Silberblech verziert sind. Zwischen den Buckeln befinden sich an der Ober- und Unterseite Kartuschen mit einer eingravierten Figur (Abb. 5) sowie einer Inschrift (Abb. 6) (s. dazu unten unter „Inschriften/herstellungsbezogene Marken und Zeichen“). Eine weitere Verzierung bilden geflügelte Engelköpfe zwischen den Buckeln und dem Kranz aus Rankenwerk. Wie auf dem Vorderdeckel ist die Bodenplatte aus Silber mit Blüten- und Blattwerk in roter Farbe flächendeckend bemalt.
Rücken:
Über den roten Samtbezug ist die Silberplatte in Form von vier ovalen Scheiben gelegt, die miteinander verbunden sind. Jede Scheibe trägt eine ornamentale Verzierung in Form von Blattwerk mit volutenförmig eingerollten Blättern aus vergoldetem Silberblech, das auf sie appliziert ist (Abb. 7).
Schließen:
Ösenverschluss mit dem Dorn in der Buchdeckelkante (Adler, Handbuch Buchverschluss (2010), BV.2.1.2. oder 2.1.3).
Inschriften/herstellungsbezogene Marken und Zeichen
Vorderdeckel:
Die Tituli sind jeweils in griechischen Buchstaben abgekürzt. Medaillon links oben: Sanctus Matthaeus (Σ ΜΑΤ); Medaillon rechts oben: Sanctus Marcus (Σ ΜΑΡ); Medaillon links unten: Sanctus Lukas (Σ ΛΥΚ); Medaillon rechts unten: Sanctus Johannes (Σ Ιω). Im Mittelfeld des triptychonartigen Beschlags: Meter Theou (ΜΡ Θ) und Sanctus Johannes (Σ ΙωΑ).
Rückdeckel:
Die Kartusche am unteren Rand trägt eine kyrillische Inschrift (Abb. 6), die besagt: "Angefertigt wurde dieses heilige Evangelium für die Christi-Himmelfahrts-Kirche im Petschersker Frauenkloster [Kiewer Höhlenkloster] auf Kosten aller Schwestern unter der Vorsteherin Magdalena und mit ihrem Segen" (Соору[ж]ено есть сие святое Евангелие к церкви Вознесения Господня в монастыре девичьем Печерском [коштом] всех [обще] сестер при игуменье Магдалине [благословлено] (normierte Form, die ans moderne Russisch angelehnt ist. Lateinische Transliteration: Sooruženo est' sie svjatoe Evangelie k cerkvi Voznesenija Gospodnja v monastyru devičem Pečerskom [koštom] vsech [obšče] sester pri igumen'e Magdaline [blagosloveno]. Im Mittelfeld des oktogonalen Beschlags bezeichnen die beiden Tituli Christi Himmelfahrt: voznesenie gospodne ("Emporhebung des Herrn"). (Ich danke Filip Hlusicka vielmals für die Transkription, Transliteration und Übersetzung.)
Zustandsberichte
Vorderdeckel:
Korrosion des Metalls insbesondere bei der zentralen Figurengruppe. Die Oberfläche der Figuren ist sehr uneben und fast schon porös, so dass zusammen mit der schon beriebenen Vergoldung die satte Farbe der Feuervergoldung gelitten hat.
Rückdeckel:
Auf dem Rankenwerk, das das Oktogon umfängt, ist die Vergoldung partiell abgesprungen. Zudem weisen die beiden unteren Buckel Fehlstellen beim applizierten Rankenwerk auf.
Restaurierung
Rückdeckel: November 1964, s. das Papierschildchen des Instituts für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR) auf dem hinteren Spiegel.
Ikonographie
Vorderdeckel:
Der triptychonartige Beschlag zeigt als zentrale Figurengruppe die Kreuzigung Christi mit Maria links und dem Apostel Johannes rechts (Abb. 8); beide sind durch Tituli bezeichnet (s. unter „Inschriften/herstellungsbezogene Marken und Zeichen“). Während zwischen den beiden stehenden Figuren im Hintergrund die Stadtmauern Jerusalems zu sehen sind, liegt in vorderster Ebene am Fuße des Kreuzes der Schädel Adams. Auf dem linken Flügel ist Maria stehend mit dem Christuskind auf dem Arm dargestellt (Abb. 9), auf dem rechten Christus (?) als erwachsener Mann mit geöffnetem Buch in der linken Hand und erhobener Rechter (Abb. 10). Die Medaillons in den Ecken zeigen die Evangelisten: oben links Matthäus (Abb. 11), oben rechts Markus (Abb. 12), unten rechts Johannes (Abb. 13) und unten links Lukas (Abb.14).
Rückdeckel:
Komplementär zur Darstellung auf dem Vorderdeckel zeigt die Gravur auf dem oktogonalen Beschlag die Himmelfahrt Christi (Abb. 15). Christus thront mit ausgebreiteten Armen in der Aureole, die von zwei Engeln gefasst wird. Darunter befinden sich die Gruppe der Aposteln und Maria. Während sie frontal aus dem Bild herausschaut, richten die Apostel den Blick nach oben und folgen dabei dem Zeigegestus der Engel, die Maria flankieren. Die Gravur in der Kartusche am oberen Rand zeigt die Taube als Symbol des Heiligen Geistes (s. Abb. 5).
Empfohlene Zitierweise
Caroline Smout. Goldschmiedeeinband zu: Evangelie - BSB Rar. 2345#Einband. Bayerische Staatsbibliothek, 2018 (Kurzerfassung).
URL: https://einbaende.digitale-sammlungen.de/Prachteinbaende/Rar._2345_Einband_Hauptaufnahme, aufgerufen am 07.10.2024