Prachteinbände

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Westlicher Prachteinband

Einbände als plastische Kunstobjekte nehmen eine Sonderstellung zwischen den textorientierten Sammlungen der Bibliotheken und den objektbezogenen historischen Kunstsammlungen ein. Im Rahmen des DFG-Projekts Erschließung und Digitalisierung von Einbänden als eigenständige Kunstobjekte werden anhand eines Corpus von ca. 60 Goldschmiedeeinbänden des Mittelalters und der Neuzeit sowie von ca. 100 tibetischen Buchdeckeln aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek modellhaft modulare Standards der Beschreibung dieser eigenständigen Kunstobjekte entwickelt. Begleitend wurden die Objekte in einem kamerabasierten Workflow unter Einbeziehung der Ergebnisse der Erschließung digitalisiert. Ausgewählte Objekte der beiden Corpora werden zudem vom Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR) der Bayerischen Staatsbibliothek mit materialwissenschaftlichen und kunsttechnologischen Verfahren analysiert.

Die erarbeiteten Vorschläge zur standardisierten Beschreibung von Einbänden sowie Informationen zu Anlage und Umfang des Projekts finden Sie hier.


Westliche Prachteinbände

Im Bereich der westlichen Prachteinbände weisen vor allem mit Edelsteinen, Gemmen, Perlen, Elfenbein oder Email auf getriebenem Gold oder Silber prachtvoll gestaltete Goldschmiedeeinbände Beziehungen zum klassischen Sammlungsgut der Museen auf. Sie zieren oftmals liturgische Handschriften und zählen zu den Spitzenstücken der plastischen Kunst der Zeit. Eine Besonderheit dieser Kunstgattung und eine Herausforderung für deren Beschreibung ist die Einbeziehung anderer und teils deutlich älterer Kunstobjekte als Spolien, die aus ursprünglichen Zusammenhang entnommen, teilweise zerlegt und in den neu gestalteten Buchdeckel prominent eingearbeitet wurden. Zudem wurden an den Objekten im Laufe der Zeit immer wieder massive Eingriffe vorgenommen, die z.T. als restauratorische Maßnahmen verstanden wurden. Diese Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte gilt es ebenfalls adäquat zu dokumentieren.


Tibetische Buchdeckel

Für Handschriften bedeutender religiöser Texte des Buddhismus wurde in Tibet und anderen Regionen Zentral- und Südasiens der Buchblock im Querformat (z.T. auf dem Beschreibstoff Birkenrinde oder Palmblatt) in ein Tuch gewickelt, zwischen Deckel gelegt und mit einem Gurt umwunden. Aus Respekt vor den heiligen Inhalten der Schriften wurden die Buchdeckel vielfach verziert. Auch zu zeremoniellen Anlässen wurden kunstvoll aus Holz geschnitzte oder in Kupferblech getriebene, teils vergoldete oder bemalte Einbände gefertigt, die im kulturellen und künstlerischen Erbe Tibets nahezu den gleichen Rang wie Thangkas (bemalte Rollbilder) oder Skulpturen einnehmen. Viele Deckel sind ohne die zugehörige Handschrift überliefert und werden so von Bibliotheken und Museen gesammelt; auch lässt der Abnutzungsgrad mancher plastischer Elemente darauf schließen, dass die Buchdeckel selbst zum Kultobjekt wurden.

Während etwa die Hälfte des Bestands der Bayerischen Staatsbibliothek in Ausstellungskatalogen beschrieben wurde, sind die übrigen Deckel abgesehen von Kurzeinträgen im Repertorium der Codices orientales der BSB bis dato weder formal noch inhaltlich erschlossen worden. Ein geeigneter Erschließungsstandard, der in besonderem Maße auch der Ikonographie der tibetischen Buchdeckel Rechnung trägt, ist daher ebenso dringendes Desiderat wie überregionale spezialisierte digitale Nachweis- und Präsentationssysteme für diesen Objekttyp.