Prachteinband zum Evangeliar - BSB Clm 4451#Einband

Aus Prachteinbände
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Übersicht
Signatur Clm 4451#Einband
Maße 311 mm x 217 mm x 14 mm
Datierung 980 - 1000
Ort Mitteleuropa, Lothringen, Metz?
Objekttyp Prachteinband
Katalogisierungsebene Gesamtaufnahme (item)
Klassifizierung Kategorie:Goldschmiedekunst
Kategorie Kategorie:Westliche_Prachteinbände

Beschreibung: Karl-Georg Pfändtner. Bayerische Staatsbibliothek, 2016.


Der Prachteinband zeigt auf dem mit Goldblech beschlagenen und reich mit Edelsteinen und Perlen verzierten Vorderdeckel eine Elfenbeintafel mit der Darstellung der Taufe Christi, auf dem mit rotem Samt überzogenen Rückdeckel eine Tafel mit der Verkündigung an Maria und der Geburt Christi. Herkunft und Datierung der Elfenbeintafeln sind umstritten.

Informationen zum Trägerband

Überliefert mit: Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4451 (Cim. 56): Evangeliar, Deutschland, Mainz, 2. Viertel 9. Jh.


Entstehung

Im späten 10. Jh. (980–1000) in Lothringen (Metz?) entstanden. Auftraggeber und Goldschmied sind unbekannt.


Komponenten

Vorderdeckel:

8 Goldmetallstreifen

12 Abgrenzungsbleche bzw. Verkleidungsbleche

3 Seitenbleche

99 goldene Bügel (sog. Spinnen), teils mit Goldperlen, teils mit kleinen Blüten gesetzt, meist kräftig, z.T. aber auch mit dünnen Spinnenbeinen

60 goldene Bügel (sog. Spinnen) mit goldenen Kugeln auf dem oberen und unteren Abgrenzungsblechen sowie den Abgrenzungsblechen der Eckkompartimente

28 goldene Bügel (sog. Spinnen) mit sternförmigen Blüten in den Eckkompartimenten

24 größere goldene Halbkugeln mit stilisierten Lilien und Traubengranulationen

92 Fassungen für Edelsteine und Halbedelsteine, Bergkristalle, Saphire, Smaragde, Türkise, Aquamarine, Amethyste, Gläser

27 Perlen (eine leere Perlfassung)

15 Perlen später durch kleine Edel- und Halbedelsteine ersetzt, ein Edelstein- bzw. Halbedelstein durch eine Perle, am rechten Rand eine Perlfassung leer

1 römisch antiker Rosenquarz mit Schliff

Zahlreiche Goldkügelchen (Einzelgranulation), meist als Traubengranulation

30 muschelförmige Goldblättchen


Rückdeckel:

Roter Samt


Rücken:

Roter Samt


Schließen:

2 Schließen


Scharniere:

2 Scharniere


Spolien (separate Beschreibungen verlinkt):

1 Elfenbeintafel (Vorderdeckel)

1 Elfenbeintafel (Rückdeckel)


Maße

Vorderdeckel:

311 mm x 217 mm x 14 mm


4 Eckplatten:

58–63 mm x 58–61 mm; mit Überhang, der oben links sichtbar ist, da dort das Seitenblech fehlt: bis zu 64 mm


2 seitliche Bleche:

rechts: 47–49 mm x 187 mm

links: 47 mm x 185 mm, hier wieder Überhang sichtbar, weil linkes Seitenblech fehlt: bis zu 53 mm breit


2 Bleche oben und unten:

oben: 50 mm x 98 mm

unten 53 mm x 99 mm


12 Abdeckbleche (Stege):

ca. 48–52 x 3 mm.


Seiten- bzw. Kantenbleche:

rechts: 305–307 mm x 15 mm

links: keine Blechverkleidung (mehr?)

oben: 190 mm x 14 mm

unten: 215 mm x 15–15 mm


Rückdeckel:

311 mm x 217 mm x 14 mm


Schließen:

72–79 mm (mit Scharnier) x 16–27 mm


Buchblock:

311 mm x 217 mm x 77 mm


Material und Technik

Vorderdeckel:

Holz

Gold, getriebenes Gold (Repoussé)

Seitenbleche aus vergoldetem Silber

Edel- und Halbedelsteine (Bergkristalle, Saphire, Smaragde, Türkise, Aquamarine, Amethyste)

Perlen

Rotes Glas


Rückdeckel:

Holz

Roter Samt

Elfenbein


Rücken:

Roter Samt


Schließen:

Silber, vergoldet


Zu den Ergebnissen der materialwissenschaftlichen und kunsttechnologischen Untersuchungen durch das Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR).


Beschreibung des Äußeren

Vorderdeckel:

Mittelfeld:

In der Mitte des Vorderdeckels eingelassen eine hochrechteckige Elfenbeintafel (s. gesonderte Beschreibung)


Mittelfeldbegrenzung:

Die Elfenbeinplatte des Vorderdeckels mittels Goldschmiedefassungen fixiert.


Rahmen:

Goldschmiederahmen mit acht um eine Elfenbeintafel (s. gesonderte Beschreibung) angeordnete Goldschmiedebleche mit Perl-, Stein- und Glasschmuck.


Goldschmuck / Filigran / etc.:

Äußerer vergoldeter Silberrahmen (Seitenbleche, s. Maße oben) zeigt rechts und unten Blüten und Astwerk sowie Kreispunzenmuster (Abb. 1), oben Kreispunzenmuster mit Astwerk und Kartusche (Abb. 2).

Auf den Eckblechen wird die Flucht der Steine nach innen zum jeweiligen Eck des Elfenbeins hin durch je sechs goldene, mit aufgesetzten stilisierten Blüten verzierte Halbkugeln (Goldbuckel mit aufgelegten stilisierten Lilien und Traubengranulation, einer davon, unten rechts ergänzt) (Abb. 3) unterstützt, welche die großen und kleinen Steine rahmen. Dazwischen finden sich Goldbügel (Spinnen) mit Blattaufsätzen und Pyramiden aus kleinen Goldkugeln sowie sternförmige gegossene Blätter mit Blütenaufsätzen (Abb. 4).

Auf den oberen und unteren Feldern sind die durch die Anordnung der Steine entstandenen Zwischenräume durch Bügel (Spinnen) mit zentraler oberer Goldperle bzw. Blüte ersetzt. Diese Spinnen bestehen aus geperltem, teils auch aus gekerbtem Golddraht. Diese Bügel können drei und mehr „Beine“ haben (Abb. 5 und 6).

An den seitlichen Rahmenfeldern sind die großen Steine von je zwei kleinen muschelartigen Goldblättern voneinander abgesetzt (Abb. 7). Diese Goldblättchen finden sich auch an den Dreieranordnungen der Perlen, und zwar bei den oberen jeweils oben neben der Einzelperle dieser Dreieranordnungen, bei den unteren jeweils unten (Abb. 8).



Fassungen:

Die Fassungen finden sich in mehreren Ausführungen und sind Steenbock zufolge gegossen (Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), 108).

Typ I: Akanthusblattfries mit zentralen Oculi (Abb. 9).

Typ II: Akanthusblattfries mit zentralen Oculi und perlstabartigen Stegen, umfassen vor allem grüne Smaragde (Abb. 10).

Typ III: Akanthusblattfries mit zentralen Oculi und krallenartigten Spitzen, umfassen vor allem die großen zentralen Steine/Gläser an den Ecken und den Mitten der übrigen Bleche, vor allem auch die Befestigung des zentralen Elfenbeins (Abb. 11 und Abb. 12).

Typ IV: glatter, stark abstrahierter Akathusblattfries mit Oculi (Abb. 13)

Die Perlfassungen (auch diejenigen, die später Steine statt Perlen bergen) sind Typ I verwandt (Abb. 14).



Anordnung der Steine, Perlen etc.:

Die Steine auf den oberen und unteren Goldschmiedeblechen des Rahmens sowie jene rechts und links sind in Form eines Kreuzes angeordnet. Die Steine sind in Zweier- und Dreierreihen angeordnet, teils mit Einzelperlen voneinander getrennt, teils mit Gruppen von drei Perlen, die heute häufig durch kleine Steine ersetzt sind. Die Steine der Eckkompartimente weisen strahlenförmig von außen auf das Elfenbeinrelief in der Mitte.

Die Eckbleche sind alle vier gleich organisiert. Zwei große ovale Steine (je ein Bergkristall außen, ein roter Stein oder Glas innen) laufen vom äußeren Eck Richtung Ecke der Elfenbeintafel. Sie werden durch einen kleinen Stein bzw. eine Perle (unten links) voneinander getrennt. Zwei längsrechteckige grüne Smaragde (nur oben links ein Bergkristall) flankieren die Außenseiten des Kompartiments. Ihnen folgen nach innen zwei mittelgroße Steine, die den inneren großen Stein rahmen und ganz am Rahmen zum Elfenbein hin zwei kleine über Eck gestellte grüne Smaragde (nur oben links durch Perle und violette Stein- oder Glasperle ersetzt).

Die oberen und unteren Felder sind, wie die Eckkompartimente, durch schmale, mit von kleinen Goldperlen gezierten goldenen Spinnen und Perlpyramiden besetzten Stegen in drei Teile geteilt (Abb. 5 und 6). Die bekrönenden Perlen fehlen zum Teil, so dass man gut deren runde Fassung aus geperltem Draht erkennen kann. Die drei daraus entstehenden schmalen Felder sind unterschiedlich angelegt. Die zentralen mittigen oben und unten zeigen eine Reihe von drei großen Steinen, die beiden rahmenden Felder oben und unten einen größeren Stein, in der Mitte je einer Dreieranordnung von Perlen (allerdings sind in beiden oberen Feldern und im unteren linken Perlen später durch Steine ersetzt), die optisch durch eine Blüte in der Mitte des durch sie entstehenden Dreiecks zusammengehalten werden.

Die seitlichen Rahmenfelder übernehmen den Wechsel von Reihen aus drei größeren Steinen und Reihen von zwei Steinen, die eine Dreieranordnung von Perlen rahmen, die hier auch teils durch Steine ersetzt sind.


Rückdeckel:

Der Rückdeckel zeigt im Mittelfeld eine in den Holzdeckel eingelassene, hochrechteckige Elfenbeintafel (s. gesonderte Beschreibung), ansonsten ist der Rückdeckel von abgewetztem rotem Samt bedeckt.


Überarbeitungsstadien

Vorderdeckel:

Nach Untersuchung von Thorsten Allscher (IBR) wurde wohl der gesamte Einband zu ungewisser Zeit (18. Jh.?) neu feuervergoldet.

Einige der Perlen (s. o.) sind später durch Edel- und Halbedelsteine ersetzt worden, ein Stein hingegen nur durch eine Perle. Auf der rechten Seite in der Mitte der Goldplatte ist eine leere Fassung, in der seit langem eine Perle fehlt.

Schließen aus vergoldetem Silber, 16. Jh; Schließenbleche wohl 18. Jahrhundert; eine Fassung wohl noch später und ganz im Stil von den ergänzten Fassungen von Clm 4454#Einband. Dass der Einband seit der Mitte des 18. Jahrhunderts umgearbeitet worden ist, dafür spricht auch, dass für den Rückdeckel zunächst eine Darstellung der Kreuzigung Christi bezeugt ist (Graff, Außführlich- und Vollständige Beschreibung (1636/43), 107, – davon abhängig die Darstellung bei Blainville (Blainville, Reisebeschreibung (1764), 210 und Murr (Murr, Merkwürdigkeiten (1799), 228f.; vgl. zu den Restaurierungen: StadtAB, D 3001 HV 2, Nr. 1203, Neuerwerbungen und Reparaturen 1723–1747, 14–17; Dreßler, Prachthandschriften (1995), 100; zuletzt Exner, Kunstdenkmäler (2015), 1797–1799). Schmid (Bassermann-Jordan/Schmid, Der Bamberger Domschatz (1914), 19f., Nr. 25) identifiziert diese mit einem Elfenbeinrelief im Bayerischen Nationalmuseum (s. hierzu auch Dreßler, Prachthandschriften (1995), 68), das über die Sammlung Reider 1859 in das Bayerische Nationalmuseum gelangte, ziemlich abgeschliffen ist und vielleicht kurz vor oder im Zuge der Säkularisation aus dem Buchdeckel genommen worden ist. Das heute auf dem Rückdeckel befindliche Elfenbeintäfelchen stammt vielleicht von einem reichen Buchdeckel aus dem Kloster Michaelsberg (Bassermann-Jordan/Schmid, Der Bamberger Domschatz (1914), 20). Es fällt auf, dass das linke Seitenblech zu schmal für den Holzdeckel ist - vielleicht ein weiterer Hinweis darauf, dass auf dem Buchdeckel Goldschmiedearbeiten verschiedener Provenienz (im 18. Jh.?) neu vergesellschaftet und zusammengestellt worden sind.


Rückdeckel:

Zwei Seidenfragmente (2. Hälfte 12. Jh.) des Rückdeckels wurden abgetrennt und separat aufbewahrt (Katalogeintrag zu Clm 4551 a, Digitalisat)


Zustandsberichte

Laut Domkustos Graff (Graff, Außführlich- und Vollständige Beschreibung (1736/43), 107), der auch das Goldgewicht ermittelt hatte, betrug dieses vom Vorderdeckel im Jahre 1736/43 228 Kronen (1 Krone sind 3,3648 g). Laut Graffs Beschreibung enthielt der vordere Buchdeckel 12 große „Granat Schalen“, 100 andere ungeschnittene Steine und 26 Perlen. D.h. die Perlen entsprechen annähernd der heutigen Anzahl, ebenso die wohl nicht genau gezählten Steine. Die zehn großen roten Glassteine werden wohl die Granate ersetzen.


Restaurierung

Umfassende Restaurierungen im 18. Jahrhundert. Der trotz unterschiedlicher Schmuckeinheiten einheitliche Eindruck entsteht vor allem daraus, dass alle Metallteile des Vorderdeckel später neu feuervergoldet wurden (Feststellung Thorsten Allscher), wobei einige der Fassungen auch angeschmolzen sind (vgl. zu den Restaurierungen: StadtAB, D 3001 HV 2, Nr. 1203, Neuerwerbungen und Reparaturen 1723–1747, 14–17).

1726 wird der Bamberger Goldschmied Johann Jakob Lochner für 23 neue Steinfassungen entlohnt („Das Evangely-buch, worauf die Tauff Christi des Herrn in Helffenbein geschnitten, mit 23 neüen güldenen Kästen zu compiliren“ (Dreßler, Prachthandschriften (1995), 100). Er verwendete für den Buchdeckel 25 Gran Gold (1 Gran = 0,81 Gramm, s. ebd., 101) von dem Einband im Domstift, der zur Reparatur der anderen aufgegeben worden ist (vgl. ebd., 100).


Ikonographie

Vorderdeckel:

Ornamentale Kunst; zur Elfenbeintafel des Vorderdeckels s. gesonderte Beschreibung.


Stil und Einordnung

Vorderdeckel:

Komponenten verschiedener Provenienz und Zeitstellung (zu der Elfenbeintafel s. gesonderte Beschreibung).

Verschiedene Elemente des Goldschmucks auf den Eckblechen, wie etwa die Goldbuckel und die sternförmigen Blätter (Abb. 15), finden sich so nirgends in der ottonischen Goldschmiedekunst. Es wäre zu prüfen, ob diese Elemente nicht spätere Ergänzungen sind.

Das Filigran (gekerbter Golddraht) der seitlichen Rahmenfelder, dessen engmaschige Ranken mit Ringen verklammert und am Grund befestigt ist und in den eingerollten Endungen Kügelchen umfängt (Abb. 16), findet sich z.B. auf dem Psalter Karls des Kahlen (Rückdeckel, s. Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), Kat. Nr. 19, Abb. 30), ein Werk, das bis 1674 in der Kathedrale von Metz lag (Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), 88) und die Mitte des 9. Jahrhunderts datiert wird.

Insgesamt fällt die sehr unterschiedliche Behandlung des Filigrans auf den einzelnen Teilen auf. An den Eckkompartimenten mag das erklärbar sein, doch sind die Unterschiede auf den oberen und unteren sowie den seitlichen Blechen nicht so einfach zu erklären. Wie o.g. wies Thorsten Allscher darauf hin, dass alle goldenen (und vielleicht auch silbernen?) Teile des Vordeckels irgendwann feuervergoldet wurden. Wann dies geschah, ist bisher unbekannt, wohl aber noch im 18. Jahrhundert.

Der vordere Buchdeckel macht einen relativ einheitlichen Eindruck, auch wenn hier sicher mehrere spätere Restaurierungen durchgeführt wurden. Es stellt sich die Frage nach der Zeitstellung nicht nur der o.g. unterschiedlichen Steinfassungen, sondern auch der muschelartigen Blättchen, die auf den vergleichbar angelegten oberen und unteren Mittelblechen fehlen, wohingegen auf den Seitenblechen die „Spinnen“ fehlen und die Zwischenräume durch Perldrahtranken gefüllt sind. Auf dem Buchdeckel findet man also dreierlei Systeme zum Füllen der Zwischenräume, da die Eckkompartimente die goldenen Halbkugeln und zum Teil auf die Spinnen aufgebrachte sternförmige Blüten aufweisen.

Die wohl ursprünglichen Edelsteinfassungen mit den zu Oculi geschlossenen inneren Blättern des Blattwerks (Abb. 17 und 18) orientieren sich an spätkarolingischen Fassungen der Zeit Karls des Kahlen wie sie am Lindauer Evangeliar (New York, Pierpont Morgan Library, Ms. M. 1), am Codex Aureus von St. Emmeram (Clm 14000#Einband) oder dem Arnulfziborium vorkommen. Ähnlichkeit besteht auch mit Fassungen an den anderen „Bamberger“ Einbänden, etwa mit Fassungen auf dem Evangeliar Ottos III. oder auf Clm 4454#Einband. Ähnliche Akanthus-Formen finden sich ja auch als Rahmung auf dem zugehörigen Elfenbein, das ebenso nach Metz lokalisiert wird. Die kleinen goldenen Bügel sind (allerdings in anderer Ausführung) auch aus der Metzer Goldschmiedekunst bekannt, vgl. z.B. Ms. Latin 9388 der BnF Paris (Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), Kat. Nr. 46, Abb. 64). Sie kommen schon in karolingischer Zeit vor, so am Psalter Karls des Kahlen (ebd., Rückdeckel, Kat. Nr. 19, Abb. 31; Paris, BnF Ms. Latin 1152). Ähnliche Blätter wie an den Goldbügeln (Spinnen) finden sich, allerdings nicht sternförmig, auf dem Lindauer Evangeliar (Vorderdeckel) (Ms. M. 1 der Pierpont Morgan Library in New York; Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965), Abb. 33).



Rückdeckel:

Roter Samt (wohl 18. Jh.), identisch zu Clm 4453#Einband und sehr ähnlich zu Clm 4454#Einband


Schließen:

Schließen (17./18. Jh.?, laut Bassermann-Jordan/Schmid, Der Bamberger Domschatz (1914), 19: 16. Jh.), im Stil von denjenigen in Clm 4453#Einband und Clm 4454#Einband. Vergleichbare Stücke werden bei Adler, Handbuch Buchverschluss (2010), 144f. ins 17./18. Jh. (auch 1729!, also nahe an die Restaurierungsarbeiten an den Bamberger Codices) gesetzt.


Provenienz

Im Verzeichnis von 1554 (Archiv des Erzbistums Bamberg, AEB, Rep. I, Nr. 72, 17r, Verzeichnis der Handschriften im Domschatz Bamberg) erstmals identifizierbar: „3. Ein Plenirpuch mit Goldbeschlagen, vnd Edelnsteinen vnd Perlen gezirt, darauf ein helfnpaines bild Baptizatio Christi“ (zitiert nach Dreßler, Prachthandschriften (1995), 67–127, 92). 1705 wird sie von J. de Blainville, einem ehemaligen Gesandtschaftssekretär am spanischen Hof, der eine ganze Woche in Bamberg weilte, gesehen und genau beschrieben. Der Bericht erscheint 1743 erst in englischer Sprache im Druck, 1764 auf Deutsch. Dort wird der Einband folgendermaßen beschrieben: „Man zeiget über diese noch eine dritte [Handschrift] von gothischen Buchstaben, die gleichfalls einen Einband von Helfenbein, auf dem die Taufe Jesu vorgestellet ist, und mit Perlen Edelgesteinen fast wie die erste besetzte ist“ (zit. nach Dreßler, Prachthandschriften (1995), 98).

Im September 1803 sind die Pretiosen aus Bamberg, darunter auch Clm 4453#Einband in der Münze in München angelangt. Laut churfürstlichem Befehl vom 4.11.1803 werden die Bücher der Münchner Hofbibliothek gegeben (vgl. Dreßler, Prachthandschriften (1995), 115).


Literaturhinweise

Adler, Handbuch Buchverschluss (2010).

Archiv des Erzbistums Bamberg, AEB, Rep. I, Nr. 72, 17r, Verzeichnis der Handschriften im Domschatz Bamberg.

Bassermann-Jordan/Schmid, Der Bamberger Domschatz (1914).

Blainville, Reisebeschreibung (1764), 210.

Dreßler, Prachthandschriften (1995).

Exner, Kunstdenkmäler (2015), 1797–1799.

Graff, Außführlich- und Vollständige Beschreibung (1736/43), 107.

Murr, Merkwürdigkeiten (1799).

StadtAB, D 3001 HV 2, Nr. 1203, Neuerwerbungen und Reparaturen 1723–1747, 14–17.

Steenbock, Der kirchliche Prachteinband (1965).


Empfohlene Zitierweise

Karl-Georg Pfändtner. Prachteinband zum Evangeliar - BSB Clm 4451#Einband. Bayerische Staatsbibliothek, 2016.

URL: https://einbaende.digitale-sammlungen.de/Prachteinbaende/Clm_4451_Einband_Hauptaufnahme, aufgerufen am 18.04.2024